Beschädigtes Elektrofahrzeug
Schadengutachten bei einem beschädigtes Elektrofahrzeug (BEV)
Ein Schadengutachten für ein erheblich beschädigtes Elektrofahrzeug (BEV), Insbesondere wenn das Batteriemodul beschädigt wurde , erfordert eine äußerst sorgfältige Herangehensweise. Dies ist besonders wichtig für den sicheren und rechtssicheren Abtransport des Fahrzeugs. Die Komplexität und die potenziellen Risiken, die mit der Handhabung von Elektrofahrzeugen und deren Batterien verbunden sind, verlangen eine detaillierte Analyse und spezifische Vorgehensweisen seitens des Sachverständigen.
Qualifizierung des Sachverständigen
Es ist essenziell, dass der beauftragte Kfz-Sachverständige für Aufgaben im Bereich der Hochvolt-Komponenten qualifiziert ist, insbesondere wenn diese Komponente defekt oder sicherheitskritisch bewertet wurde, in Anlehnung an die ADR 376. Nach einem Schadenereignis oder Unfall mit Airbag Auslösung
wurde die Hochvolt-Komponente möglicherweise vom Fahrzeug getrennt oder durch Rettungskräfte spannungsfrei geschaltet. Hier stellt sich die Frage, ob das Fahrzeug auf Spannungsfreiheit, Isolation und Potenzialausgleich geprüft wurde. Diese Sicherheitsfragen sind von höchster Priorität. Der Sachverständige muss im Vorfeld prüfen, ob und inwieweit er für diese Aufgaben qualifiziert ist. Grundsätzlich ist mindestens Stufe 3S gemäß DGUV Publikation 209-093 notwendig; oder sogar Stufe 3E, da die verunfallte Batterie keinen Serienstand mehr hat und das Arbeiten am spannungsfreien System nicht gewährleistet ist. Dies müsste man aber von Fall zu Fall sehen. Ohne entsprechende Qualifikation ist das erstellte Gutachten angreifbar, insbesondere wenn der Sachverständige vom Gericht beauftragt wurde und die unterlegene Partei das Gutachten anfechten könnte.
Schadensdokumentation
Zunächst ist es entscheidend, dass der Sachverständige alle Schäden am Fahrzeug präzise dokumentiert, einschließlich möglicher Schäden am Unterboden und am Gehäuse der Hochvolt-Batterie. Dabei sollten auch Systemdiagnosegeräte zur Beurteilung und Prüfung der elektronischen Systeme eingebunden werden, um alle Komponenten der Fahrzeugelektronik und der Hochvoltbatterie zu prüfen und entsprechende Prüfprotokolle zu sichern.
Bei Fahrzeugen, die durch einen Unfall beschädigt wurden und bei denen die Batterieplattform möglicherweise verformt oder aufgerissen ist, ist in der Regel davon auszugehen, dass sie sich in einem nicht sicheren Zustand befindet. Daher muss der Sachverständige, der das Fahrzeug prüft oder beauftragt wurde, für Arbeiten an HV-Systemen (inkl. Messen/Prüfen) entsprechende Sachkunde nachweisen können. Weiterhin sollten notwendige HV-Arbeitsmittel inkl. PSA (Persönliche Schutzausrüstung) vorliegen und die Nutzung bekannt sein, um die Spannungsfreiheit zu prüfen. Diese sorgfältige Dokumentation ist notwendig, um eine genaue Beurteilung des Schadensumfangs vorzunehmen und festzustellen, ob das Fahrzeug als Totalschaden einzustufen ist. Wenn beispielsweise ein Riss im Batteriegehäuse festgestellt wird und die Reparaturkosten den Zeitwert des Fahrzeugs übersteigen, ist eine Einstufung als Totalschaden wahrscheinlich.
Bewertung der Transportfähigkeit
Ein wichtiger Aspekt bei der Erstellung des Gutachtens ist die Bewertung der Transportfähigkeit des Elektrofahrzeugs. Der Sachverständige muss hierbei berücksichtigen, ob die Batterie gemäß der ADR-Sondervorschrift SV 376 als „sicherheitskritisch defekt“ einzustufen ist. Ein Riss im Gehäuse ist ein eindeutiges Kriterium für diese Einstufung. In solchen Fällen ist es unerlässlich, dass der Sachverständige dies im Gutachten vermerkt und die entsprechenden Verpackungsregeln für den Transport festlegt.
Maßnahmen für autorisierte Werkstätten
Bei einer als „sicherheitskritisch defekt“ eingestuften Batterie ist der Ausbau der Batterie aus dem Fahrzeug und ihre separate Verpackung in einem geeigneten Behältnis erforderlich. Hier gilt zunächst ADR SV 666 -> nur wenn sicher ausgebaut werden kann, dann Transport nach ADR SV 376, sonst nach ADR SV 666 -> SV 667: „Wenn die Beschädigung oder der Defekt einen maßgeblichen Einfluss auf die Sicherheit der Zelle oder Batterie hat, muss die Lithiumzelle oder -batterie entnommen und in Übereinstimmung mit der Sondervorschrift ADR SV 376 befördert werden. Die Batterie muss getrennt vom Fahrzeug verladen werden, und der Fahrer, der das Fahrzeug transportiert, muss im Besitz eines Gefahrgutführerscheins sein. Wenn jedoch ein sicheres Entnehmen der Zelle oder Batterie nicht möglich ist oder wenn der Zustand der Zelle oder Batterie nicht überprüft werden kann, darf das Fahrzeug, der Motor oder die Maschine abgeschleppt oder befördert werden.“ Evtl. auch „Begleitschutz“ durch die Feuerwehr. Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Sicherheit während des Transports zu gewährleisten und potenzielle Risiken zu minimieren.
Kostenübernahme
In Bezug auf die Kosten für den Ausbau und das Verpacken der Batterie gibt es Unterschiede je nach Art des Schadens und der Versicherungsdeckung. Bei Haftpflichtschäden sind die Kosten eindeutig vom eintrittspflichtigen Versicherer zu erstatten, da sie ohne den Unfall nicht angefallen wären. Bei Kaskoschäden kann die Kostenübernahme durch den Versicherer weniger eindeutig sein, und der Kunde sollte den Versicherer um eine klare Weisung bitten. Wenn der Versicherer die Kostenübernahme verweigert, kann der Restwerthändler beauftragt werden, die Kosten zu tragen und zu bezahlen.
Insgesamt ist es für den Sachverständigen entscheidend, alle relevanten Vorschriften und Bestimmungen zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass das Schadengutachten vollständig und rechtssicher ist und alle notwendigen Maßnahmen für den sicheren Abtransport des beschädigten Elektrofahrzeugs umfasst.
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